Die an einem Pegel gemessene Abflusskurve enthält Informationen über die Eigenschaften des Einzugsgebietes und des Niederschlagereignisses, das die Abflussreaktion hervorgerufen hat. Die Form der Abflussganglinie erlaubt bei gleichzeitiger Kenntnis der Niederschlagscharakteristik Rückschlüsse auf die Anteile der beteiligten Abflussbildungsprozesse. Kurze intensive Starkniederschläge führen z. B. in Einzugsgebieten mit gering durchlässigen Böden, hohen Anteilen versiegelter Flächen oder Feuchtflächen zu Abflussganglinien, die durch einen steilen Anstieg und ein schnelles Abebben des Abflusses charakterisiert sind. In solchen Gebieten ist die Abflussreaktion in Folge kurzer Starkniederschläge durch schnellen Oberflächenabfluss geprägt. Je mehr in einem Einzugsgebiet Abflussprozesse beteiligt sind, die eine Bodenpassage des Wassers implizieren, wie zum Beispiel Zwischenabfluss, desto mehr wird die Abflussreaktion verzögert. Dadurch flacht der Scheitelwert im Vergleich zum schnellen Zwischenabfluss ab, die Anstiegszeit nimmt zu und die Abflussganglinie weist eine deutlich länger anhaltente Rezession auf - es kann sogar zu einem 2. nachlaufenden Abflusspeak kommen. Das Niederschlag-Abfluss-Modell RoGeR wurde an der Professur für Hydrologie Freiburg entwickelt um anhand von landesweit verfügbaren Geo-Daten zu Landnutzung, Böden und Geologie die Abflussbildungsprozesse für verschiedene Niederschlagscharakteristiken und Vorfeuchtebedingungen abzubilden. RoGeR wurde anhand von vielen Großberegnungsversuchen und 33 Hochwasserereignissen in 13 Mesoskaligen Einzugsgebieten in Baden- Württemberg getestet und konnte die gemessene Abflussreaktion mit Ausnahme von zwei Einzugsgebieten gut abbilden. In den beiden genannten Gebieten lässt die Form der Abflussganglinie auch bei kurzen Starkregen auf einen großen Anteil an Zwischenabfluss schließen, was vom Modell so nicht abgebildet wird. Offensichtlich werden die spezifischen Abflussbildungseigenschaften der beiden Einzugsgebiete durch die Daten zu Geologie und Böden nicht ausreichend beschrieben.
Im Rahmen der Arbeit sollen mesoskalige Einzugsgebiete in Baden-Württemberg identifiziert werden, in denen Zwischenabfluss bei kurzen Starkregen eine offensichtliche Rolle spielt. Anhand der Lage der Gebiete, der verfügbaren Geoinformationen zu Boden, Geologie und Topographie und gegebenenfalls weiterer Informationen sollen die Faktoren (Vorrechte, Niederschlagseigenschaften, Jahreszeit) identifiziert werden, die dieses Abflussverhalten steuern.
Analyse von Zeitreihen aus Niederschlagsstationen und Abflusspegeln (hohe zeitliche Auflösung). Erarbeitung und Anwendung einer neu zu entwickelnden Methodik zur Klassifizierung und Beschreibung der Abflusszeitreihen bezüglich der Abflussdynamik. Untersuchung der Eigenschaften der Einzugsgebiete mit maßgeblichem Anteil an Zwischenabfluss mit dem Ziel die ursächlichen Faktoren ausfindig zu machen.
Andreas Steinbrich Markus Weiler
Andreas Steinbrich Andreas.Steinbrich@hydrology.uni-freiburg.de Tel. +49 (0)761 / 203-3539
Datenanalyse, Methodenentwicklung, Kreativität.
Deutsch
Steinbrich A, Leistert H, Weiler M (2016): Model-based quantification of runoff generation processes at high spatial and temporal resolution. Environmental Earth Sciences (2016) 75:1423. doi:10.1007/s12665-016-6234-9
Steinbrich, A., Stölzle, M., Weiler, M. (2016): Generierung von konsistenten Grundlagendaten zur Berechnung von Starkregenereignissen für eine Starkregengefahrenkartierung in BW. Unveröffentlichter Projektabschlussbericht.
Gaál, L., J.Szolgay, S.Kohnová, J.Parajka, R.Merz, A.Viglione, and G.Blöschl (2012), Flood timescales: Understanding the interplay of climate and catchment processes through comparative hydrology, Water Resour. Res., 48, W04511, doi:10.1029/2011WR011509.